ES IST ZUM SCHREIEN…
Die *Politikerin* Priti Patel liefert aus *politischen* Gründen Julian Assange an die *politische* US-Justiz aus und wirft dem EGMR vor, ihre *politisch* motivierte Abschiebung von Asylanten nach Ruanda aus *politischen* Gründen gestoppt zu haben. 🤦🏻♂️

Als ich heute meinen Zeitungs-online-Scan von gestern nachholte, schüttelte ich den Kopf über die Bestätigung, die mir die britische Innenministerin zu meinem gestrigen Artikel geliefert hatte – und das gleich doppelt.
Innenminister erledigen ja für jede Regierung (soweit ich das gerade überschaue) die Drecksarbeit: Flüchtlinge abservieren, Asylwerber traktieren, Demonstranten niederknüppeln… Sie sind die „harten Hunde“ der Regierung (wenn ich mich zu sehr über ihre demonstrativ kalte Brutalität ärgere, sage ich: „DVD – Dreckskerl vom Dienst“). Innenminister decken für ihre Regierung die „rechte Flanke“ ab. Schon Franz Josef Strauß erklärte 1987, „dass es rechts von der CDU/CSU keine demokratisch legitimierte Partei geben darf“ (O-Ton). Es ist der Job der Innenminister, den Wählern genau dieses Bild zu vermitteln: Diese Regierung macht sich nicht in die Hosen; sie greift durch, wenn nötig bis an die Grenze des (grund)rechtlich Erlaubten (oder darüber hinaus).
Teil 1:
Die britische Innenministerin Priti Patel füllt diese Rolle perfekt aus, wie sie gerade wieder bewiesen hat. Sie bestätigte gestern die Auslieferung Julian Assanges an die USA, wo ihm bei einer Verurteilung eine Höchststrafe von 175 Jahren droht.
Klarstellung: Ich hege Null Sympathien für Assange und seine selektiven Leaks; ganz im Gegenteil. Mit der Veröffentlichung der E-Mails von Hillary Clinton agitierte er ganz bewusst politisch und aus persönlichen Aversionen gegen sie, und das disqualifiziert ihn als Journalisten (und charakterlich, wie ich meine). – Mir ist das genauso zuwider wie die politische Schiebung, die er damit aufdeckte – nämlich dass die Parteiführung der US-Demokraten Hillary Clinton im Vorwahlverfahren gegenüber Bernie Sanders bevorzugte, um ihr die Nominierung zu sichern. Clinton war angeschlagen, Trump jubelte, Assange rieb sich die Hände. – Kurz, niemand aus diesem Polit-Sumpf hat meine Sympathie.
Egal, was jemand vielleicht verbrochen hat: er muss ein neutrales, faires Gerichtsverfahren bekommen. Wenn Assange das in den USA nicht sicher zu erwarten hat, darf er nicht ausgeliefert werden. Egal, was man ansonsten von ihm und Wikileaks halten mag. Punkt.
Die Politikerin Priti Patel hat also die politische Linie der Johnson-Regierung fortgesetzt und die Auslieferung Assanges an die politische US-Justiz unterschrieben. Die Zustimmung der politischen Anhänger dieser Regierung bzw. die Empörung ihrer politischen Gegner bestätigt sie in ihrer politischen Taktik. Q.e.d.
Teil 2:
Die Politikerin Priti Patel hatte jüngst auch die politische Linie der Johnson-Regierung fortgesetzt und die politisch motivierte Deportation von Immigranten nach Ruanda unterschrieben. (Und sie hatte zigtausend Pfund Steuergeld für Inserate auf Facebook und Instagram ausgegeben, um der Öffentlichkeit diese Politik zu verkaufen.) Als der erste Flug starten sollte, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ihn ad hoc gestoppt. Wie reagiert die Politikerin Patel? Sie wirft dem EGMR vor,
den ersten britischen Flug nach Ruanda im Rahmen der neuen Asylpolitik aus politischen Motiven verhindert zu haben. ‚Wie sind sie zu dieser Entscheidung gekommen? War sie politisch? Ich bin der Ansicht, dass es so ist, absolut, sagte die konservative Politikerin der Zeitung The Daily Telegraph.
Die Regierung von Premierminister Boris Johnson will Menschen von der illegalen Einreise in kleinen Booten über den Ärmelkanal abhalten, indem sie ihnen den Zugang zu einem Asylverfahren in Großbritannien verweigert. Stattdessen sollen die Migranten nach Ruanda geschickt werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr ist nicht vorgesehen.
Ein erster Flug nach Ruanda wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in letzter Minute durch eine einstweilige Verfügung verhindert. Patel kritisierte die Entscheidung als ‚undurchsichtig‘ und ‚skandalös‘. Sie legte nahe, London könne der Europäischen Menschenrechtskonvention den Rücken kehren.“
https://www.zeit.de/digital/2022-06/julian-assange-abschiebung-grossbritannien-usa-wikileaks
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:
- Eine Politikerin, die aus politischen Gründen Assange ausliefert, und
- dem EGMR, der ihre politisch motivierte Flüchtlings-Deportation stoppt, vorwirft, politisch zu agieren!
„Though this be madness, yet there is method in’t.“
PS: Eine flinke Umfrage des Telegraph ergab heute, dass 6 von 10 Wählern der Konservativen die Fortsetzung der Abschiebungen unterstützen und eine Mehrheit von 2 : 1 den Austritt aus der Europäischen Menschenrechtskonvention befürwortet. – Q.e.d.