EIN KLIMA-GESELLSCHAFTSRAT?

Eine Replik auf Dieter Ruchts Gastbeitrag "Die fünf Probleme mit einem Klimagesellschaftsrat" in der ZEIT vom 7. Mai 2023
Ich frage mich öfters in Diskussionen: Sucht man hier Probleme oder Lösungen? Diese Frage stelle ich mir bei dem o.g. Gastbeitrag von Dieter Rucht nicht mehr wirklich, denn schon der Titel kündigt ja das Ziel des Artikels an: die Probleme mit so einem Klima-Gesellschaftsrat aufzuzeigen, nicht aber, ob und wie sie von vornherein vermieden werden können. Das kennzeichnet für mich den Unterschied zwischen destruktiver (wenig oder gar nicht hilfreicher) und konstruktiver (hilfreicher) Kritik.
Ich weiß nicht, wie lange die Idee schon intern gegärt hatte, bevor Aimée van Baalen sie am 30.01.2023 bei "Hart aber fair" (~ab 44:40) so richtig öffentlichkeitswirksam in die Diskussion einbrachte. (Ich hatte u.a. Fridays For Future, Extinction Rebellion und Last Generation seit 2018 schon viele Male auf die Notwendigkeit Los-basierter demokratischer Entscheidungsstrukturen und -verfahren hingewiesen, die noch deutlich weiter gehen als bis zu einem Gesellschaftsrat.) Die Forderung lautet so:

"Fallengelassen", so Rucht, "wurde mittlerweile die ursprüngliche Forderung, die Regierung müsse sich 'öffentlich dazu verpflichten, die Maßnahmen des Rates umzusetzen'. Diese anmaßende Bedingung hatte zuvor auch die umweltpolitische Gruppierung Extinction Rebellion formuliert." Die Wortwahl spricht für sich. Es als "anmaßend" abzuqualifizieren, wenn ein repräsentativ ausgeloster Gesellschaftsrat verlangt, dass seine Arbeitsergebnisse von den politischen Entscheidungsträgern auch umgesetzt werden; es als "großsprecherisch" zu verunglimpfen, wenn die Letzte Generation fordert, dass das Ergebnis des Klima-Gesellschaftsrats nicht etwa wieder totgeschwiegen, sondern maximal in den Medien publiziert werde: diese polemische Wortwahl geht über sachliche Kritik deutlich hinaus.
Dieter Rucht meint nun, fünf Kritikpunkte gefunden zu haben, die ihn in Summe zu dem Urteil führen, dass ein Klima-Gesellschaftsrat weder sinnvoll noch zielführend sei. Ehe ich darauf im Einzelnen eingehe, möchte ich die grundsätzliche Frage stellen: Warum sucht Hr. Rucht bei so einem Gesellschaftsrat nicht Lösungen, sondern Probleme? Wenn er lauter Haare in der Suppe findet, warum zeigt er nur vorwurfsvoll mit dem Zeigefinger darauf, anstatt sie herauszufischen? Natürlich ist die Forderung in ihrer derzeitigen Fassung nicht perfekt! Es waren ja auch vmtl. keine "Profis", die sie konzipiert haben, sondern engagierte Menschen, die einen Hebel suchen, um unser aller Zukunft zu retten. Auch ich sehe verschiedene Punkte, die meiner Meinung nach verbesserungsbedürftig sind, aber dann ist mein Impuls halt, zu ihrer Verbesserung so weit es in meiner Macht steht beizutragen! Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!
Wenn das aktuelle Konzept zu wenig repräsentativ scheint: ok, wie verbessern wir es, damit es tatsächlich repräsentativ wird? Wenn zu befürchten ist, dass zu viele ausgeloste Personen mangels Interesse, Zeit, Informationen… abwinken und überproportional viele Interessierte, Informierte, Engagierte den Gesellschaftsrat dadurch dominieren: wie kann dieser Einseitigkeit von vornherein vorgebeugt werden? Wenn die Prozessbegleitung womöglich von anderen Interessen beeinflusst wird als denen des Gesellschaftsrats: worauf muss dann bei der Ausschreibung und Auswahl besonders geachtet werden, und wie kann das während des Prozesses kontrolliert und ggf. korrigiert werden? Wenn nicht klar ist, wer die beratenden Experten auswählt und nach welchen Kriterien, und wenn zu befürchten ist, dass das Parlament sich manipulativ einmischt, dann ist die Frage: wenn wir das eh schon kennen, wie können wir dem vorbeugen? Und last not least: Wenn Parlament und Regierung ihrer höchstgerichtlich bekräftigten Verpflichtung nach wie vor nicht nachkommen, die Zukunft der Gesellschaft zu sichern, und wenn die Konsequenz daraus ist, dass sich die Zivilgesellschaft daran erinnert, dass sie der Souverän im Staat ist und dass sie diese Souveränität auch anders wahrnehmen kann als nach den Spielregeln der repräsentativen Demokratie: wie kann man dann auf die Einhaltung dieser Spielregeln weiter pochen, deren Nicht-Funktionieren just zu der Forderung eines Gesellschaftsrats geführt hat? Ein "frommer Wunsch" war es ja erwiesenermaßen, mit der Einhaltung der repräsentativ-demokratischen Spielregeln in der verbleibenden Zeit die notwendigen Weichenstellungen zu erreichen. Weil das nicht möglich war, darum wollen ja diese Aktivisten nun einen Gesellschaftsrat!
Natürlich wird auch die Umsetzung problematisch werden – die letzten Monate haben ja hinlänglich gezeigt, wie groß die Kluft zwischen prinzipieller / ideeller Unterstützung der Anliegen der Klimabewegung einerseits und der breiten Umsetzung im realen Leben der Bürger ist. "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!"
Die Ablehnung ist aber nicht nur eine "normale" Begleiterscheinung einer so tiefgreifenden Kurskorrektur. Sie ist 1. ein Anzeichen dafür, dass die Menschen endlich aufwachen – und eben realisieren, dass die Klimakrise auch sie ganz existenziell betrifft. Hätten die politischen Repräsentanten der Gesellschaft nicht jahrzehntelang ihr kurzfristiges Interesse, wiedergewählt zu werden über das langfristige Wohl ihrer Wähler gestellt, dann hätten sie ihnen eine so brutale Richtungsänderung erspart! Aber es hat ja keinen Sinn, über vergossene Milch zu heulen. Weit bedenklicher scheint mir, dass maßgebliche Politiker und Medien-Tycoons nach wie vor auf der Road To Hell beharren und alle machttaktischen, rhetorischen und medialen Mittel einsetzen, lautere und vor allem unlautere, um diesen Kurs auf den Abgrund beizubehalten.
Die verbreitete Ablehnung ist aber auch 2. ein Zeichen dafür, dass die Themen Klima und soziale Gerechtigkeit nicht zu trennen sind. Das Eine kann nicht ohne das Andere erreicht werden. Wer nur Klimaschutz verfolgt und soziale Gerechtigkeit dabei ignoriert (oder umgekehrt), wird mit beidem scheitern. Beide sind die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Wir sind mitten in einer ökosozialen Krise, die nicht nur eine ökologische oder soziale Lösung verlangt, sondern eben eine ökosoziale.
Abschließend einige Lösungs-Ideen zu den einzelnen Kritikpunkten.
1.: Mangelnde Repräsentativität?
Auch mir scheinen 160 Teilnehmer zu wenig repräsentativ für die gesamte deutsche Zivilgesellschaft. Machen wir den Gesellschaftsrat also entsprechend größer! Wenn er im Nachhinein genauso wenig repräsentativ beurteilt würde wie jetzt die Klima-Proteste, ginge der Schuss ja voll nach hinten los! Dann wäre mit dem Klima-Gesellschaftsrat genau gar nichts erreicht als noch einmal Dasselbe mit anderen Mitteln. Auch ich bin kein Profi in der Konzeption und Steuerung solcher Groß-Prozesse, darum kann auch ich keinen konkreten Lösungsvorschlag anbieten. (Was die Konkretheit angeht, gilt ja auch: je konkreter ein solcher Vorschlag ist, desto mehr macht er sich angreifbar weil nie alles im Vorhinein perfekt konzipiert und durchgeplant werden kann. Wer den Vorschlag deshalb aus Vorsicht bewusst unkonkret hält, lässt ihn zwangsläufig als nebulos und unrealistisch erscheinen.) Wenn also 2000 Menschen oder mehr für den Erfolg nötig sind: warum nicht? Dann geht es nicht darum, wie so ein Gesellschaftsrat nicht funktionieren kann, sondern darum, wie man ihn konzipieren und durchführen kann, damit er für die ganze Gesellschaft zum Erfolg wird.
2.: Schlagseite der Teilnehmerschaft?
Dieser Einwand spricht das Problem an, dass erfahrungsgemäß die politisch und ökologisch Interessierten und Engagierten mit viel Zeit überrepräsentativ ihre Teilnahme zusagen. Diese Problematik wird in folgendem Diagramm eines aktuellen Klima-Gesellschaftsrats in Herefordshire (GB) sichtbar.

- Spalte 1 (Ziel): Diese Tortendiagramme enthalten Informationen über die Bevölkerung von Herefordshire insgesamt, wobei verschiedene öffentlich zugängliche Statistiken (z. B. vom Office for National Statistics) verwendet wurden.
- Spalte 2 ("Antwortende") fasst die Informationen zusammen, die der Initiative von den 520 Personen, die sich als potenzielle Teilnehmer gemeldet hatten, zur Verfügung gestellt wurden. Es gibt hier einige Verzerrungen in der Statistik im Vergleich zur Zielvorgabe, etwa dass sich viel mehr Personen gemeldet hatten, die "sehr besorgt" über den Klimawandel sind, als in der Bevölkerung zu erwarten waren.
- Spalte 3 ("Bestätigte Ausgewählte"): Diese Tortendiagramme fassen die Informationen über die 48 Personen zusammen, die schließlich für die Teilnahme an der Versammlung bestätigt wurden. Die Gruppe in dieser Spalte konnte dank eines klugen Zufallswahl-Algorithmus der Sortition Foundation den Zielen der ersten Spalte frappant ähnlich zusammengesetzt werden. Als Teil des Rekrutierungsprozesses wurden alle ausgelosten Personen telefonisch kontaktiert, um zu bestätigen, dass sie immer noch zur Teilnahme bereit und in der Lage waren. Wenn nicht, wurde der Zufallswahl-Algorithmus verwendet, um sie durch andere Personen zu ersetzen, die ähnliche Merkmale wie sie aufwiesen.
Es ist verblüffend, wie sehr die Teilnehmer-Zusammensetzung (Spalte 3) der Gesamtbevölkerung des County (Spalte 1) entspricht – hinsichtlich Geschlecht, Alter, Ethnie, körperlicher oder anderer Einschränkungen, die Sorge um das Klima, Mehrfach-Entbehrungen (der Multiple Deprivation Index / IDM umfasst Einkommen, Beschäftigung, Bildung, Gesundheit, Kriminalität, Hindernisse beim Zugang zu Wohnraum und Dienstleistungen und das Lebensumfeld), sowie hinsichtlich des Verhältnisses ländlicher / städtischer Bevölkerung.
Diese stratifizierte (also geschichtete im eben beschriebenen Sinn) Zufallsauswahl ist meines Erachtens 1. sensationell repräsentativ für die ganze dortige Bevölkerung und 2. konnte sie die Schlagseite einseitiger Teilnehmerschaft von vornherein vermeiden.
3. Prozesssteuerungs-Schlagseite?
Das dritte Bedenken stellt in den Raum, kommerzielle Dienstleistungsunternehmen würden mehr darauf bedacht sein, den Prozess so zu steuern, dass er am besten ihrem Umsatz dient – erwünscht seien glatte Abläufe ohne viel Komplikationen… –, was die Autonomie der Ratsmitglieder sehr begrenze. Nun, der o.g. Prozess wurde von einer Non-Profit-Organisation konzipiert und gestaltet, von der Sortition Foundation. Sie ist ein gemeinnütziges Unternehmen, das von dem Australier Brett Hennig gegründet wurde und deren Ziel die Förderung fairer, transparenter, inklusiver und effektiver deliberativer Versammlungen ist. Solche Non-Profit-Organisationen gibt es inzwischen überall; in Deutschland z.B. Buergerrat.de des gemeinnützigen Vereins Mehr Demokratie:
Mehr Demokratie ist mit mehr als 10.000 Mitgliedern und rund 200.000 Interessentinnen und Interessenten die wohl größte Nichtregierungs-Organisation für direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung weltweit. Der gemeinnützige Verein versteht sich als Fachverband und Bürgerbewegung und arbeitet überparteilich. Mehr Demokratie hat rund 40 Mitarbeitende und ist mit Landesverbänden in allen Bundesländern vertreten. Ein Kuratorium mit Personen aus Wissenschaft, Kultur und Politik berät den Verein. Mehr Demokratie ist Gründungsmitglied von Democracy International und Schwesterorganisation des OMNIBUS für direkte Demokratie.
https://www.mehr-demokratie.de/ueber-uns/profil
Eine solche Organisation könnte m.E. die Konzeption, Organisation, Prozesssteuerung und Evaluation des Klima-Gesellschaftsrats übernehmen. Oder man wendet sich an die Sortition Foundation, die über herausragende Open-Source-Software für die Gesamt-Zufallsauswahl als auch für repräsentative Gruppen verfügt:
- StratifySelect: this is our core software that performs the random stratified selection, to match specified demographics, from a pool of registrants. The selection is designed to be "as fair as possible" as outlined in this Nature paper, "Fair algorithms for selecting citizens’ assemblies."
- GroupSelect: this software can be used to allocate citizens' assembly participants pseudo-randomly to a set of groups (usually tables) during deliberation, to maximise diversity in each group, and to maximise interactions between people during differing assembly sessions. It also features a range of advanced options such as: unlimited number of possible diversification fields, prioritisation of fields, clustering, and manual allocations.
Die oben beschriebene, frappant repräsentative Zufallsauswahl der Herefordshire Citizens' Climate Assembly geht wie schon erwähnt auf diese Software zurück. Von irgendeinem Bias (einer Parteilichkeit oder Voreingenommenheit) in der Zusammenstellung des Bürgerrats kann hier keine Rede mehr sein.
4. Expertenbeirats-Schlagseite?
Wenn zu befürchten ist, dass das Parlament als Finanzier des Projektes seinen Einfluss bei der Zusammenstellung des Expertenbeirats geltend machen und seine Meinung in den Prozess mit einschreiben würde, kann auch hier die die Antwort nur lauten: Wer zahlt, schafft eben diesmal nicht an. Die einzig unabhängige, überparteiliche und neutrale Instanz für die Auswahl der Experten kann nur eine strukturell unabhängige, überparteiliche und neutrale sein – wie die genannten gemeinnützigen Organisationen. Sie haben hundertfach auf der ganzen Welt bewiesen, dass sie dazu in der Lage sind, sowohl was die Themen als auch was die Personen betrifft. Da es um ein öffentliches Anliegen geht, muss die mit der Durchführung beauftragte Organisation auch von der öffentlichen Hand finanziert werden – ohne jegliche Einflussnahme.
5. Wer ist der Souverän?
Gerade der letztgenannte Einwand bestätigt die Sorge, dass die bestehenden politischen Institutionen nicht in der Lage sind, weniger auf ihren Fortbestand (auf die nächsten Wahlerfolge) hinzuarbeiten als auf das langfristige Wohl der Menschheit. Wenn ihre demokratischen Repräsentanten die Gesellschaft strukturell und prozessual nicht mehr repräsentieren, muss die Gesellschaft zu anderen demokratischen Strukturen und Prozessen greifen. Q.e.d.
Und überhaupt: Wie kann ein Politikwissenschaftler allen Ernstes schreiben, "dass Regierung und Parlament souverän sind"?! Das Volk ist der Souverän jeder Demokratie. Dieses Grundprinzip ist in jeder demokratischen Verfassung klar ausgesprochen; muss man es tatsächlich nochmals erwähnen?
"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt."
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 20.2
"Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus."
Bundesverfassungsgesetz der Republik Österreich, Art. 1
Der Wahlspruch der Republik lautet: «Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit».
Ihr Grundsatz lautet: Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk.
Die nationale Souveränität liegt beim Volke, das sie durch seine Vertreter und durch Volksentscheid ausübt.
Verfassung der Französischen Republik, Art. 2 & 3
Man kann ja nun diskutieren, inwieweit bei dieser oder jener Frage Parlament und Regierung tatsächlich den Willen der Gesellschaft ausführen; es bleibt immer strittig. Wenn sie aber einem Höchstgerichtsentscheid zuwiderhandeln, tun sie das ohne jeden Zweifel nicht.
"Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit."
"Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung."
GG, Art. 2.2 bzw. Art. 20a
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.03.2021 dazu ist absolut eindeutig:
- Der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schließt den Schutz vor Beeinträchtigungen grundrechtlicher Schutzgüter durch Umweltbelastungen ein, gleich von wem und durch welche Umstände sie drohen. Die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht des Staates umfasst auch die Verpflichtung, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. Sie kann eine objektivrechtliche Schutzverpflichtung auch in Bezug auf künftige Generationen begründen.
- Art. 20a GG verpflichtet den Staat zum Klimaschutz. Dies zielt auch auf die Herstellung von Klimaneutralität.https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/03/rs20210324_1bvr265618.html
Die akut steigende Dringlichkeit der ökologischen Krise ist genau der Fall, von dem Anm. a dieses Beschlusses spricht:
Art. 20a GG genießt keinen unbedingten Vorrang gegenüber anderen Belangen, sondern ist im Konfliktfall in einen Ausgleich mit anderen Verfassungsrechtsgütern und Verfassungsprinzipien zu bringen. Dabei nimmt das relative Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel weiter zu.
ebd.; Hervorhebung (fett) von mir
Ist es nicht legitim, wenn sich in Anbetracht der fortschreitenden ökologischen Krise (von der der Klimawandel "nur" ein Teil ist) das Volk daran erinnert, dass alle Staatsgewalt von ihm ausgeht? Dass sie diese Staatsgewalt nur durch Wahlen delegiert hat? Und dass diese Delegierten ihre Legitimität verspielt haben, wenn sie das Klimaschutzgebot flagrant missachten? Wenn de facto eine Politik betrieben wird, die den Herausforderungen des Klimawandels bei weitem nicht gerecht wird weil sie die CO2-Ziele des Pariser Abkommens klar verfehlt und auch nicht die nötigen Schritte unternimmt, sie doch noch einzuhalten? Diese Vereinbarung ist ein völkerrechtlich bindender Beschluss! Delegitimiert sich nicht jede Regierung, die sich nicht daran hält? Und legitimiert das nicht umgekehrt eine Initiative der Zivilgesellschaft, ihr Souveränität durch einen geschichtet-repräsentativen Gesellschaftsrat geltend zu machen? Und muss nicht die Entscheidung dieses Gesellschaftsrats – dieser Mikro-Gesellschaft – über dem Willen der gewählten Repräsentanten stehen, wenn diese die langfristigen Interessen der Gesellschaft missachten?
SCHLUSSBEMERKUNG
Es ist so logisch wie tragisch, dass die gewählten Politiker mit Zähnen und Klauen ihre Macht gegenüber dem wahren Souverän verteidigen. Es ist so logisch wie tragisch, dass die gewählten Politiker mit Zähnen und Klauen einen Gesellschaftsrat zu delegitimieren versuchen und als antidemokratisch diffamieren. Es ist so logisch wie tragisch, dass bestimmte hinter jenen gewählten Politikern stehenden Medien (BILD, WELT…) diese Diffamierung aufgreifen und als Hetze fortsetzen. All das wird ihnen nichts nützen, weil sie nämlich jede Attacke weiter delegitimiert. Jede Ausflucht, jede Lüge, jede Verleumdung ist ein weiterer Sargnagel ihrer geliehenen Macht. Diese Verse scheinen wie für sie geschrieben:

Was die Zivilgesellschaft: die Stunde ihrer Souveränität hat geschlagen. Folgt sie weiter wie die Lemminge ihren "Repräsentanten", holt sie sich ihre Macht jetzt nicht zurück, dann wird es zu spät sein. Es brennt. Wörtlich und im übertragenen Sinn.