VOM EIGENTUM ZUM BESITZ

OHNE EIGENTUMS-PARADIGMENWECHSEL KEINE ĂKOSOZIALE NACHHALTIGKEIT

[Gott steh uns bei: Er hat das S-Wort gesagt! đ±]
In den letzten Wochen ist das Thema Eigentum gleich zweimal hochgekocht: Erst durch die Berliner Initiative, die Wohnungskonzerne zu enteignen, und nun mit Kevin KĂŒhnerts VorstoĂ, Autokonzerne zu kollektivieren und Wohnungseigentum auf persönlich genutztes einzuschrĂ€nken. Die erbosten Reaktionen lassen die reflexhafte Panik erahnen, die sein Vorschlag allerorts ausgelöst hat. Das Eigentum gilt als heilige Kuh schlechthin, und keine Partei, die heutzutage mehrheitsfĂ€hig sein will wagt es noch, das Eigentumsparadigma infrage zu stellen. "Ein Gespenst geht um in Europa â das Gespenst des Kommunismus." Die nervösen bis panischen Antworten auf KĂŒhnerts Vorstellungen wirken tatsĂ€chlich als hĂ€tten diese Leute ein Gespenst gesehen⊠DDR! Sowjetunion! China!
Dabei distanziert sich KĂŒhnert in dem Interview explizit von den bisherigen staatssozialistischen AnlĂ€ufen. FĂŒr ihn ist Sozialismus eine Methode, der "Versuch, dem Ideal einer freien, gleichen und solidarischen Gesellschaft andauernd ein StĂŒck nĂ€her zu kommen." Will jemand tatsĂ€chlich eine Gesellschaft, in der Unfreiheit, Ungerechtigkeit und Egoismus herrschen?! KĂŒhnert spricht auch ausdrĂŒcklich nicht von "Verstaatlichung":
KĂŒhnert:
ZEIT:
KĂŒhnert:
Wenn KĂŒhnert auch das Wohn-Eigentum in Frage stellt und es am durch ein Genossenschaftsmodell ersetzt wissen will, ist das Thema dasselbe: Wessen Eigentum ist das Produktions-, Grund- und Geldkapital? Wessen Eigentum sollte es sein? Und ich fĂŒge hinzu: Sollte es ĂŒberhaupt jemandes Eigentum sein? â Meine Antwort darauf in einem Auszug aus FGB.
WAS HEISST EIGENTUM?
Das Wirtschaftsleben beruht auf der Nutzung von Eigentum. Dadurch ist es untrennbar mit dem Rechtsleben verknĂŒpft. Doch auch das heutige Eigentums-Paradigma ist keines, das es seit Ewigkeiten so gegeben hat. FrĂŒher fĂŒhrten andere Ăberzeugungen zu anderen RechtsverhĂ€ltnissen, und dasselbe kann auch heute wieder stattfinden.
FĂŒr die Römer war klar, dass Eigentum das ist, was man sich nimmt. Es ist nicht von Natur aus da, sondern entsteht durch Aneignung (occupatio). Was man hat, wechselt dann durch VertrĂ€ge u.Ă€. den EigentĂŒmer. Zum Eigentum zĂ€hlten fĂŒr den Familienvater (pater familias) auch die eigene Familie und die Sklaven.
Bei den Germanen galt es als natĂŒrliches und selbstverstĂ€ndliches Recht der GrundeigentĂŒmer, nicht nur ĂŒber den Grund, sondern zugleich ĂŒber die Menschen zu herrschen, die darauf lebten. Dieses Recht setzte nicht voraus, dass es durch ĂŒbergeordnete AutoritĂ€ten verliehen wurde. Im Lehnssystem ĂŒbertrug der König dem Hochadel den Grund als Lehen, dieser dem niedrigeren Adel⊠Grund und Boden, der nicht einem Grundherrn gehörte, war Gemeingut (âAllmendeâ, engl. commons). Jedes Dorf im Mittelalter hatte Allemenden, die von Bauern gemeinsam genutzt wurden. Sie waren nicht etwa Eigentum aller, sondern niemandes Eigentum. Die Allmenden waren fĂŒr die Bauern existenznotwendig. Es war deshalb ein Axthieb gegen ihre Existenzgrundlage, als sich im 15. und 16. Jahrhundert in Deutschland und England Adelige durch Allmende-Raub gewaltsam das Gemeingut aneigneten: Sie errichteten Einfriedungen (in England enclosures genannt), vertrieben die Bauern und rissen ihre HĂ€user nieder. [âŠ]
Bis ins 19. Jahrhundert galt Grundeigentum als patrimonium, als Erbgut, das man von seinem Vater (pater) vererbt bekam und an seine Nachkommen weiterzugeben hatte. Das implizierte die Verpflichtung, es zu bewahren und zu pflegen. Raubbau und Zerstörung wĂ€ren ein Bruch dieser Verpflichtung gegenĂŒber den Nachfahren gewesen. Mit dem Code civil, dem napoleonischen Zivilrechts-Gesetzbuch (1804), das eine weltweite Wirkung erlangte wurde ein Paradigmenwechsel vollzogen: Darin wurde das VerstĂ€ndnis des Eigentums als patrimonium durch den â bis heute ĂŒberall gĂŒltigen â römischen Eigentumsbegriff (dominium, Herrschaft) ersetzt. Die gesetzlichen Definitionen von Privateigentum (von privare, berauben / vorenthalten) schlieĂen explizit Andere von jeder Einwirkung auf das Eigentum aus. Der EigentĂŒmer als Beherrscher seines dominium hat das Recht, sein Eigentum (im Rahmen des Gesetzes) nach Belieben zu ge- und zu verbrauchen / missbrauchen: âdominium est ius utendi et abutendi re sua, quatenus iuris ratio patiturâ. Das ist somit auch ein Freibrief, sein Eigentum verwahrlosen zu lassen und es verantwortungslos zu gebrauchen, zum Schaden des Eigentums selbst oder Anderer, die es brauchen. Jeder kann auf seinem Grund und Boden die Natur zerstören wie es ihm beliebt, so lange es Andere nicht schĂ€digt (z.B. durch Vergiftung ihrer Trinkwasserquelle). Seine Eigentumsrechte sind nur durch Gesetze und die Rechte Anderer beschrĂ€nkt. Darum mĂŒssen wir den Tatsachen ins Auge schauen: âOhne eine Lösung des Problems der Eigentumsrechte wird das Umweltproblem bestehen bleibenâ (Susan Hanna u.a.: Rights to Nature: Ecological, Economic, Cultural, and Political Principles of Institutions for the Environment).
Wir haben also ein Eigentums-Paradigma, das a priori mit ökosozialen Gesichtspunkten nicht vereinbar ist. Hans-Christoph Binswanger schlĂ€gt deshalb vor, das Eigentumsrecht mit verbindlichen, gesetzlichen Eigentumspflichten zu verknĂŒpfen. Ich halte das fĂŒr einen Widerspruch in sich: Jede Definition von âEigentumâ â man vergleiche die entsprechenden deutschen (§ 90 BGB), österreichischen (§ 534 ABGB)⊠Gesetze â versteht Eigentum als absolutes Herrschaftsrecht (i.S.v. dominium). âDer EigentĂŒmer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschlieĂenâ (§ 903 BGB). Also, entweder etwas ist mein Eigentum, dann kann ich damit tun und lassen was ich will. Oder jemand kann mir diesbezĂŒglich Vorschriften machen, dann ist es aber nicht mein Eigentum. Je mehr der Staat also meine EigentĂŒmerrechte einschrĂ€nkt, desto weniger ist es mein Eigentum und desto mehr ist es mein â Besitz. Diesen Gedanken möchte ich fortspinnen.
EIGENTUM â BESITZ
Anders als die Umgangssprache unterscheidet die Rechtswissenschaft klar zwischen Eigentum und Besitz. Eigentum ist das, was mir gehört, Besitz, was ich nutzen kann. Ich kann ein gemietetes oder gestohlenes Auto nutzen; es ist mein rechtmĂ€Ăiger bzw. unrechtmĂ€Ăiger Besitz, aber nicht mein Eigentum. Ich kann durch Vermietung oder Ă€hnliche Vereinbarungen dasRecht, mein Eigentum zu nutzen an jemanden zeitweilig abtreten. Trotz dieser Ăbertragung meines Besitzrechts bleibt es mein Eigentum.
Es ist ein erheblicher Unterschied ob sich jemand mein Auto leiht oder es stiehlt. Deshalb ist die Unterscheidung zwischen Besitz und Eigentum keine unnötige Begriffs-Haarspalterei. Das erkennt man auch schnell, wenn man ganz konkret darauf hinschaut, was fĂŒr Folgen es hat, wenn etwas als Eigentum betrachtet / behandelt wird oder als Besitz. Ich möchte dazu bewusst zahlreiche Beispiele heranziehen, damit das gemeinsame Muster deutlich hervortritt.
Am augenfĂ€lligsten sind vielleicht die bereits beschriebenen Privatisierungen öffentlicher GĂŒter und Einrichtungen. Als ErfĂŒllungsgehilfen der Konzerne und Investoren haben Regierungen in vorauseilendem Gehorsam den MĂ€rkten gegenĂŒber Gemeinbesitz in Privateigentum verwandelt (mit den bereits beschriebenen Folgen). Doch fĂŒr einen solchen Verkauf mĂŒsste man EigentĂŒmer sein. Sind Staaten die EigentĂŒmer von GemeingĂŒtern? Oder sind sie nicht vielmehr nur Besitzer? Kann ĂŒberhaupt ein Berg, ein Urwald, ein Meer⊠Eigentum sein? Ich bin der Ansicht, nein. Man kann sie besitzen, nutzen, aber sie gehören dennoch â niemandem. Das oben zitierte Diktum, wir hĂ€tten die Erde nicht von unseren Eltern geerbt [dafĂŒr hĂ€tte sie ihr Eigentum sein mĂŒssen], sondern von unseren Kindern geliehen [mit der Verpflichtung, sie zu erhalten] bekommt so eine ganz neue Dimension. So gesehen, hĂ€tten Staaten die Verantwortung, z.B. die Natur auf ihrem Territorium zu bewahren und nötigenfalls zu pflegen, aber nicht das Recht, sie zu verhökern, damit Konzerne sie plĂŒndern und zerstören. Die Natur hat einen Wert (fĂŒr die Gesellschaft und an sich), aber keinen Preis. Doch dann rĂŒcken, frei nach Oscar Wilde, die Zyniker an, die von allem den Preis und von nichts den Wert kennen, und erklĂ€ren auch die Natur zur Ware. Damit bekommt sie auch einen Preis. Der Staat als ReprĂ€sentant der Besitzer verkauft dann etwas, was ĂŒberhaupt nicht sein Eigentum ist, und die neuen EigentĂŒmer haben dann das Recht, alle, die bislang an diesem Besitz teilhaben konnten davon auszuschlieĂen. In wessen Interesse handelt der Staat hier?
EIGENTUM UND KAPITAL
Beispiel Wohnen: Ist eine natĂŒrliche oder juristische Person â ein Mensch oder z.B. ein Investmentfonds â EigentĂŒmer einer Wohnanlage, dann können solche Personen gemeinsam die Preise in die Höhe treiben, trotz Bedarfs an Grund und Boden diesen aus SpekulationsgrĂŒnden brachliegen lassen oder trotz Wohnungsnot Wohnungen leer stehen lassen, wenn gerade niemand diese Preise bezahlen kann. â Das sieht völlig anders aus, wenn man Wohnungen gar nicht als Eigentum erwerben kann. Es ist dann von vornherein nicht möglich, sie als Waren / Kapital / Investment zu behandeln. Wenn ich mit dem Preis, den ich fĂŒr eine Wohnung bezahle nur das Nutzungsrecht an dieser erwerbe, das mit der Nicht-Nutzung erlischt, ist sie mein Besitz, aber nicht mein Eigentum. Spekulation mit Wohnraum sind dann ausgeschlossen.
Ein weiteres Spekulations-Beispiel (an ihnen wird die Perversion durch Eigentumsrechte besonders deutlich): Wasser. Wie alles andere ist auch Wasser eine Ware, die den MĂ€rkten ausgeliefert ist. Eine Verknappung der globalen WasservorrĂ€te ist abzusehen, also kaufen Investoren (wie z.B. NestlĂ©) Quellen auf, an denen jeder sich bislang frei bedienen konnte, der Wasser brauchte. Die Quellen werden eingezĂ€unt, das Wasser abgepumpt und in Flaschen zum höchstmöglichen Preis verkauft. Mit dieser kĂŒnstlichen Verknappung wird das Wasser vom Gemeingut zur Ware, und mit der vorauszusehenden weiteren Verknappung werden die Preise (und damit die Gewinne) noch weiter deutlich steigen. Die neuen EigentĂŒmer haben das alleinige Nutzungsrecht durch den Erwerb der Quelle erworben. Ihre bisherigen Nutzer mĂŒssen sich das Wasser von nun an im Supermarkt kaufen (sofern sie sich das leisten können); ihr Besitzrecht an diesem lebenswichtigen Gut wurde ihnen entzogen. Man kann sagen, die Quelle wurde ihnen geraubt, denn der Verkauf geschah gegen ihren ausdrĂŒcklichen Willen, und der Kaufpreis gelangte nicht ihn ihre Taschen, sondern in öffentliche Kassen (und womöglich in die privaten Taschen derer, die diesen Raub ermöglicht hatten). â Wiederum: Wenn man eine Quelle gar nicht als Eigentum erwerben kann, ist eine derartige Spekulation auf Kosten der BedĂŒrftigsten gar nicht möglich. Wem die Quelle gehört, ist völlig unerheblich, so lange niemand von ihrem Besitz, dem Recht, sie zu nutzen ausgeschlossen ist.
So gut wie alles âgehörtâ ja heute irgendwem, sogar der tiefste Urwald, den auĂer den dort lebenden Indios keiner je betreten hat. Jedenfalls sehen Regierungen das so, und sie setzen â etwa in Brasilien â ihr âEigentumsârecht auch durch. Seit es Menschen im Amazonas gibt, besitzen Indios diese UrwĂ€lder â ohne einen Gedanken daran, wem sie gehören. Doch so, wie sich die Auffassung bzgl. des Staatseigentums eben ĂŒberall entwickelte, gehört alles Staatsgebiet, das nicht in verbrieftem Privateigentum ist dem Staat. Und der kann ĂŒber sein Eigentum frei verfĂŒgen, z.B. indem er es an Investoren verkauft. Ohne RĂŒcksicht auf die ewigen Besitzrechte der dort lebenden indigenen StĂ€mme, die damit ihres Rechts, diesen Lebensraum zu nutzen beraubt sind. Der Regenwald wird gerodet, riesige Monokulturen werden angelegt bis der Boden restlos ausgelaugt und wertlos ist, dann ziehen die Spekulanten wie die Heuschrecken weiter. Und die Indios können zusehen, wie sie ĂŒberleben. â Wie im vorigen Beispiel ist der Regenwald fĂŒr sie eine lebensnotwendige Ressource, von deren Besitz sie nicht durch Eigentumsrechte ausgeschlossen werden dĂŒrfen.
Eines der haarstrĂ€ubendsten Beispiele fĂŒr den skrupellosen Missbrauch von Eigentumsrechten ist die Patentierung von pflanzlicher, tierischer und menschlicher DNS. Wenn alles Ware sein kann â darf â soll â muss, dann gilt das logischerweise auch fĂŒr die Erbinformationen allen Lebens. Diese wechselte nicht etwa den Besitzer â die DNS hat natĂŒrlich niemals irgendwem gehört! Die betreffenden Konzerne eignen sie sich in einem Akt modernen Allmende-Raubs an und schlieĂen andere damit von allen Nutzungsrechten aus. Gemeinbesitz wird zu Privateigentum, das Gemeinwohl dem Eigenwohl einer kleinen Elite untergeordnet, Nachhaltigkeit kurzfristigen Profitinteressen. Hier muss ein grundlegendes Umdenken stattfinden, aus dem solchem Missbrauch der Riegel vorgeschoben wird.
Ja, und das liebe Geld. Mein Geld ist selbstverstĂ€ndlich mein Eigentum. Genauer betrachtet, ist es als Eigentum aber wertlos; nur als Besitz, wenn ich es nutze, ist es von Wert. Allgemeiner gesagt, gebunkertes Kapital ist wertlos, nur Kapital in Bewegung hat einen Wert. Geld ist ein Rechtstitel, ein Anrecht auf einen Gegenwert. Es erfĂŒllt seinen Zweck, wenn es seinen Besitzer wechselt, damit dieser davon leben kann. Er arbeitet und verlangt fĂŒr seine Waren / Dienstleistungen einen Preis, der ihm erlaubt, seine BedĂŒrfnisse zu decken. Mit deren Kauf geht der Rechtstitel in den Besitz des VerkĂ€ufers / Dienstleisters ĂŒber, der es selbst auch wieder ausgibt und damit das gesamtwirtschaftliche Leben in Gang hĂ€lt. â Wenn jemand jedoch sein Geld als sein Eigentum einbehĂ€lt, um es als Ware auf den FinanzmĂ€rkten zu handeln und so durch Spekulation zu vermehren, wird das Geld daran gehindert, diesem Kreislauf zu folgen. Der Prozess gerĂ€t aus seinem lebendigen Gleichgewicht. Das Geld wird bei einigen Wenigen (dem â1%â) immer mehr, wĂ€hrend es Anderen (den â99%â) zunehmend fehlt. Was nicht nur moralisch verwerflich ist, sondern auch â durch den Kaufkraftverlust einer wachsenden Zahl â wirtschaftlich schĂ€dlich. Nicht nur die Börsenspekulationen, dieses ganze System ist eine Blase, bei der die Spannung zwischen Gewinnern und Verlierern wĂ€chst bis das ganze kĂŒnstlich aufgeblĂ€hte Gebilde platzt. Die Frage ist also: Wie können systemisch die Eigentumsrechte an Geld konsequent abgebaut und die Besitzrechte gestĂ€rkt werden, damit diese Haupt-Ressource der ProduktivitĂ€t und BedĂŒrfnisbefriedigung denjenigen zur VerfĂŒgung steht, die sie brauchen? Wie kann die Hortung und Kumulation von Vermögen (im doppelten Wortsinn als Geld und Handlungsoption) in den HĂ€nden Weniger zurĂŒckgefahren und seine gesellschaftlich sinnvolle und nĂŒtzliche Verwendung ausgebaut werden? Oder um noch weiter zu gehen: ist Geld eigentlich⊠Gemeingut?
Und das Produktionskapital, die Unternehmen? Je profitorientierter sie arbeiten, desto mehr werden die Eigentumsrechte in Ă€hnlicher Weise missbraucht, insbesondere von Konzernen. Die EigentĂŒmer selbst (zu ihnen zĂ€hlt auch jeder KleinaktionĂ€r) bzw. ihre ErfĂŒllungsgehilfen in den Manager-Etagen orientieren das Unternehmen darauf, maximale Renditen abzuwerfen, um dieses Kapital abzuziehen. (In GroĂbritannien wurden in den 70er Jahren rd. 10% der Gewinne ausgeschĂŒttet, heute sind es 70%!) Ohne RĂŒcksicht auf externe Effekte arbeiten Konzerne zu ihrem kurzfristigen Eigennutzen; gesellschaftlicher Nutzen entsteht dabei, wenn ĂŒberhaupt, als vernachlĂ€ssigbares Nebenprodukt. Daran wird sich so lange nichts grundlegend Ă€ndern als ökosozial hochrelevante Unternehmen in Privateigentum anstatt in Privatbesitz sind.
Eigentum wird als Naturrecht angesehen, also als ein Recht, das jeder Mensch schlicht durch sein Menschsein hat. Es ist ein Grundrecht. Darf so ein Paradigma in Frage gestellt werden?
DER UNUMGĂNGLICHE PARADIGMENWECHSEL
Es ist unbedingt sinnvoll und notwendig, das Eigentum jedes Menschen zu schĂŒtzen. Es darf kein Recht des StĂ€rkeren geben, womit sich jemand das Eigentum anderer gewaltsam aneignet. Wenn aber jemand sein Eigentumsrecht, sein ius utendi et abutendi â kaum weniger gewaltsam â wie ein Faustrecht missbraucht, um andere ganz legal von der Nutzung grundlegender oder ĂŒberlebensnotwendiger Ressourcen auszuschlieĂen, dann stimmt etwas nicht. Wenn Eigentumsrechte fatale SchĂ€digungen von Erde und Mensch ermöglichen, ja sogar indirekt töten, dann muss man daraus den Schluss ziehen, dass das Eigentums-Paradigma auf einen Bereich ausgeweitet wurde, wo es nur noch zum Nutzen Einzelner, aber zum Schaden aller Anderen ist. Die âkannibalische Weltordnungâ ist insbesondere das Produkt von Eigentums-, d.h. Herrschaftsrechten. Die wirtschaftlichen Akteure, durch deren TĂ€tigkeit Menschen geschĂ€digt oder in letzter Konsequenz sogar ums Leben kommen haben das Recht dazu! Unsere Weltunordnung basiert zum einen auf wirtschaftlichen Fehlentwicklungen (vgl.o.), zum anderen auch auf rechtlichen. Sie basiert vor allem auf einem verabsolutierten Eigentumsrecht, das den EigentĂŒmern das kaum eingeschrĂ€nkte Herrrschaftsrecht gibt, ihr Eigentum ohne RĂŒcksicht auf Verluste (Anderer!) zu ge-, ver- und missbrauchen.
Damit dĂŒrfte klargestellt sein, dass in keiner Weise das Eigentumsrecht an sich in Frage gestellt werden soll. Die eigene Wohnung, das eigene Auto, die ganze persönliche Habe sind hiervon gĂ€nzlich unberĂŒhrt. Wer also hier sozialistische VerhĂ€ltnisse am Horizont heraufziehen sieht, missversteht mich. Es bringt nicht das Geringste, wie im Sozialismus die Inhaber von Eigentumsrechten auszutauschen. Durch diese bloĂe Verschiebung der Eigentumsrechte (vom Individuum zum Staat) wurde auch das grundlegende Problem nur verschoben anstatt es zu lösen, und neue, noch weit gravierendere Probleme geschaffen, die letztlich ĂŒberall erst zum wirtschaftlichen und dann zum politischen Zusammenbruch gefĂŒhrt haben. Der Sozialismus hat also den Teufel mit Beelzebub ausgetrieben. Die Frage, wessen Eigentum die Produktionsmittel sein sollen, ist falsch gestellt und fĂŒhrt von vornherein in die Irre. Denn so gestellt, setzt sie bereits voraus, dass sie jemandes Eigenum sein mĂŒssten; die Frage sei nur, wessen. Voraussetzungslos gestellt, ist die Grundfrage nicht wer, sondern sondern ob: Sollen Produktionsmittel ĂŒberhaupt jemandes Eigentum sein? Ist es zum Wohle dieses Planeten, wenn Kapital und Boden nicht nur Besitz-, sondern Eigentumsrechten unterliegen? Wenn sie nicht nur gebraucht, sondern hemmungslos verbraucht, missbraucht und zerstört werden dĂŒrfen? In Anbetracht der fatalen ökosozialen Auswirkungen liegt die Antwort auf der Hand: nein. Partikularinteressen dĂŒrfen in ökosozialen Belangen keinen Vorrang vor öffentlichen Interessen haben, Einzelwohl vor Gesamtwohl, kurzfristige Gewinnorientierung vor Nachhaltigkeit. All das ist nur möglich durch das Eigentums-Herrschaftsrecht ĂŒber die Produktionsmittel.
"So lange die Produktionsmittel Waren sind, unterliegen sie den Marktgesetzen: GrundstĂŒcke, GebĂ€ude und Maschinen wird ein Wert zugeschrieben, den Angebot und Nachfrage ergeben, und zu diesem Wert wechseln sie u.a. an den Börsen den EigentĂŒmer. Durch die bestehenden Eigentumsrechte können diese Produktionsmittel nicht nur gebraucht, sondern auch verbraucht und missbraucht werden (s.o.). Durch ihre Eigentumsrechte können Menschen ökosozial positive Entwicklungen verhindern und â stets im gesetzlichen Rahmen â ökologische und soziale System schĂ€digen oder zerstören.â (Susan Hanna, a.a.O.)
Die Grundbedingung des Lebens auf der Erde muss auch die Grundbedingung der Wirtschaft sein. Wenn bestehende Rechte dieser (Ăber)Lebensbedingung widersprechen, wenn sie globale Ausbeutung und Zerstörung legalisieren und fördern, dann darf nicht der Schluss daraus sein: umso schlimmer fĂŒr Erde und Mensch! Dann muss die Konsequenz sein, dieses legale Unrecht zu korrigieren.
Wie das umzusetzen sein soll? Siehe dazu mein Manifest.