WINDZEIT, WOLFSZEIT, BIS EINSTÜRZT DIE WELT

[Verwüstetes Stadtviertel in Syrien. Bürgerkrieg: der Kampf aller gegen alle.]
Brüder schlagen dann,
morden einander;
Schwestersöhne
verderben Verwandtschaft;
wüst ist die Welt,
voll Hurerei; ’s ist
Beilzeit, Schwertzeit,
zerschmetterte Schilde,
Windzeit, Wolfszeit,
bis einstürzt die Welt –
nicht ein Mann will
den anderen schonen.
Des Menschen größter Defekt, so Günther Anders, ist seine Allmacht. Er erkennt nicht das Ausmaß dessen, was er anrichtet. Er ist im wörtlichen Sinn zu allem fähig. "Dieu est capable de tout", schrieb der französische Dichter Jacques Prévert einst spöttisch; Gott ist zu allem fähig. Mit Gott ist inzwischen aufgeräumt, jetzt ist es der Mensch, der zu allem fähig ist. Auch dazu, seine Spezies und den ganzen Planeten gleich mit auszulöschen. Aber auch dafür ist er blind, "apokalypseblind", wie Anders es nannte.
WIR JAMMERN ÜBER DAS ENDE UNSERER ZUKUNFT. UND SCHAUEN ZU, WIE SIE ZERSTÖRT WIRD.
Diese Apokalypseblindheit liegt mir zunehmend schwerer im Magen. Wir erleben derzeit die fatalen Auswirkungen der Klimaerwärmung – und sie wird akzeptiert! Ich scrolle durch die heutige ZEIT und finde dort zum Stichwort Dürre reihenweise Artikel, die an den Folgen der Klimaerwärmung ansetzen, aber keine Sekunde lang auf die Idee kommen, die Ursachen anzugehen!
Hallo? Geht's noch? Wir reden hier von unserer Zukunft, die wir dabei sind, zu zerstören! Wie können wir den Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft das erlauben?! Das ist Selbstzerstörung in Reinform!
SZ
Und bis 2050 auf 16 Kilo. Derzeit liegt er bei 37. Und? Was für Auswirkungen hat diese Erkenntnis? Keine! Die Konzerne haben ihre Wachstumsziele, angestachelt von den wachstumssüchtigen Finanzmärkten. Wer wollte ihnen in die Parade fahren? Wer hätte die Macht dazu?
Doch es ist nicht nur die Klimaerwärmung. Es ist auch die hemmungslose Umweltzerstörung, d.h. die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Es ist vorhersehbar, dass unsere Kinder und Kindeskinder keine Erde mehr zur Verfügung haben werden, auf der sie leben möchten (sofern sie es noch können). Warum lassen wir das zu? Warum schauen wir zu, wie Konzerne und ihre CEOs aus kurzsichtigem Profitinteresse tun, was sie wollen? Warum schauen wir zu, wie die von uns gewählten Politiker das zulassen? Warum kritisieren und schimpfen wir nur, tun aber nichts? Weil uns das so anerzogen worden ist – wir wählen alle vier, fünf Jahre Politiker und lassen sie dann arbeiten; so ist das in der repräsentativen Demokratie. Aha? Und wenn diese Politiker während ihrer Legislaturperiode kaum Interesse zeigen, den Konzernen auf die Füße zu treten? Wenn sie die Dinge wegen der vielfältigen Systemzwänge weiterlaufen lassen, sodass wir sehenden Auges in den Abgrund taumeln? – Umgekehrt, wer wollte ihnen in die Parade fahren? Wer hätte die Macht dazu?
Und es sind nicht nur die ökologischen Fehlentwicklungen; es sind auch die sozialen. Ein Thema, exemplarisch aus dem ganzen Strauß herausgezogen: Flüchtlinge. Es polarisiert wie sonst nur wenige. Vor allem die Art und Weise, wie über sie geredet und geschrieben wird. Wie dabei gezielt Begriffe kreïert werden, deren einziger Sinn und Zweck ist, Abneigung, Wut und Empathielosigkeit zu schüren. Schlagwörter, deren Niedertracht erst durch das nächste Schlagwort überboten werden wird. Die Grenze des Akzeptablen und Tolerablen wird dabei in Salamitaktik klein-klein weiter hinausgeschoben bis man plötzlich realisiert, dass die Wortwahl der Rechten in der politischen Mitte angekommen ist – bzw. die einstige politische Mitte weit rechts. Die Grenzen zwischen Mitte und rechts werden bewusst verwischt. Gleichgesinnte erkennen einander an den Schlagworten. "Passwort?" "Asyltourismus." "OK, Gesinnungsgenosse, willkommen in unserer Echokammer."
Ein entscheidender systemischer Hebel dabei sind Facebook und Twitter. Ihr Hauptmerkmal ist ihre Selbstverstärkungsdynamik: je mehr, desto mehr. Je mehr Klicks und (Dis)likes, desto mehr Werbemilionen, desto mehr Rendite, desto mehr Wachstum, desto mehr Klicks… Was soll bei dieser Rückkopplung anderes herauskommen als Übersteuerung? Häme, Hass, Hetze… Das Einander-Überbrüllen ist Teil dieses Systems: Der Lauteste wird belohnt, also versuchen alle, lauter als die anderen zu schreien. All das führt zur Lagerbildung, zur Spaltung der Gesellschaft in Gruppen, die nicht mehr miteinander reden können. Jede Gruppe schottet sich ab; hinein kommt nur, wer die gleichen Überzeugungen hat (Stichwort: confirmation bias), der Rest wird wie von einem Immunsystem abgestoßen. Wo man nicht mehr miteinander reden kann, da wird geschimpft, verunglimpft, verhöhnt, bis an den Rand des Legalen (und weiter) gehetzt. Am Ende steht der Kampf aller gegen alle.
Das macht mir Angst. Doch wer wollte Konzernen wie Facebook und Twitter in die Parade fahren? Wer hätte die Macht dazu?
Die Aufzählung ließe sich Thema um Thema fortsetzen:
- Finanzkrise
- Das Auseinanderdriften Europas / Nationalegoismus / Populismus / Nationalismus…
- Eurokrise
- Zunehmende Ungleichverteilung der Vermögen
- Militärische Intervention in Syrien ›› Bürgerkrieg, IS, Krieg gegen den IS…
- Scheitern des „arabischen Frühlings“
- Islamistischer Terror
- Verselbständigte und von keinen gesellschaftlichen Instanzen regulierte Entwicklung der künstlichen „Intelligenz” und des Maschinenlernens (wenn vor dem Einsatz von der KI / Killerrobotern tausende Wissenschaftler incl. etlicher Konzernchefs warnen, dann will das was heißen!)
- Hemmungslose Überwachung durch Geheimdienste (Edward Snowden ist seit 5 Jahren in Moskau!)
- Viren- und Hackerattacken (auch dank der von den Geheimdiensten verheimlichten Schwachstellen)
- Fortsetzung des kalten Kriegs und des Wettrüstens mit HiTech-Mitteln
- etc. etc.
Lauter Katastrophen, Krisen, Spaltung, Hass, Konflikte… – der Kampf aller gegen alle. "Windzeit, Wolfszeit, bis einstürzt die Welt." Nichts lässt erwarten, dass es markant besser wird. Doch dann wird 1. die Erde unbewohnbar, und 2. werden uns die Explosionssplitter der zivilisierten Gesellschaft um die Ohren fliegen.
„Mir tut vieles weh, was anderen nur leid tut“ (Lichtenberg). Ich kann und will mich nicht damit abfinden, dass unsere Zukunft als Menschheit gerade zerstört wird. – von der Klimaerwärmung angefangen, deren vorhersehbare Konsequenzen mit einem für mich unterträglichen Fatalismus antizipiert und akzeptiert werden, über die Zerstörung unserer Naturressourcen bis zur politischen Selbstzerstörung der Demokratie… Ich weigere mich, mich damit abzufinden. Ich revoltiere.
NIEMANDEM DARF ES MÖGLICH SEIN, DIE ZUKUNFT DER MENSCHHEIT ZU ZERSTÖREN. NIEMANDEM!
Die Bürger dürfen ihre fundamentalen existentiellen Interessen – „den ersten Imperativ: dass eine Menschheit sei“ (Hans Jonas) – nicht mehr an die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft delegieren.Die
Zivilgesellschaft
muss selbst darüber entscheiden.Und diese Grundsatzentscheidung darf
von den volatilen Mehrheitsverhältnissen im Parlament nicht mehr im Nachhinein revidiert werden. Alle Folgebeschlüsse dürfen diesem „ersten Imperativ“ nicht widersprechen. Er hat absolute Priorität. Auf diesem gesellschaftlichen Basiskonsens kann alles Weitere aufbauen.WIR HABEN DIE MACHT. WIR MÜSSEN SIE NUR ERGREIFEN.
Wer die Macht für derartige (r)evolutionäre Veränderungen hat? Bevor jemand antwortet "niemand", sage ich: "Wir alle". Wir alle haben die Macht. Wir müssen sie nur ergreifen. Wir müssen unsere existentiellen Interessen erkennen und verteidigen. Wir müssen den Mächtigen zeigen, wo Gott hockt. Das geht, und es geht jederzeit.
- Für den Fall, dass landesweite Volksabstimmungen wie in Deutschland gesetzlich nicht möglich sind, ist dieses Gesetz durch Volksentscheid zu ändern. Dann kann es weitergehen.
- Menschen aller Weltanschauungen, politischen oder sonstigen Überzeugungen werden repräsentativ ausgelost und setzen sich in Bürgerräten zusammen, um eine Frage zu diskutieren: Wer darf über unser Leben oder unseren Tod entscheiden? Die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft? Oder wir, die Betroffenen?
- Sobald das geklärt ist, wird eine Volksabstimmung abgehalten, die den Mächtigen in Politik und Wirtschaft die Macht entzieht, unsere Zukunft zu zerstören. Das Ziel der Volksabstimmung ist der Beschluss, dass der "erste Imperativ" über allem steht. Er hat die absolute Priorität. Wenn jene Mächtigen ihn nicht anerkennen, umso schlimmer – für sie, nicht für uns! Dann wird nicht ihr Zerstörungswerk weiterverfolgt, dann werden sie entmachtet und aufs Abstellgleis geschoben. Fertig. Nur wer spurt, bleibt im Amt. Die "Richtungskompetenz" liegt dann nicht mehr bei der Regierung, sondern bei den Bürgern. Sie geben die grundlegende Richtung vor, und wer sich nicht daran hält, fliegt.
- Wenn die Richtungskompetenz bei den Bürgern liegt, ist damit impliziert, dass sie die einzigen sind, die die Summe der richtungsweisenden Gesetze – die Verfassung – beschließen und verändern dürfen.
Hiermit kann jederzeit das Schlimmste verhindert werden. Wir müssen es nur erkennen und wollen, d.h. TUN. Gehen wir's an. JETZT!